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Translozierung

„Die Umsetzung ist eine akrobatische Aufgabe, die immer wieder neu gemeistert werden muss."

Jürgen Kagerer
Gebäuderestaurator Fachrichtung Holz

Jürgen Kagerer

Wie kommen die Gebäude in das Museum?

Auf dem Museumgelände stehen heute über 120 historische Originalbauten, die aus den unterschiedlichen Regionen Westfalens und Lippes geholt wurden.

Bei der älteren Methode der Gebäudeumsetzung wurden die Häuser für den Transport sorgfältig auseinandergebaut und in Einzelteilen
in das Museum gebracht. Am ursprünglichen Standort dokumentierten die Fachleute zunächst die Gebäude, indem sie die einzelnen Hölzer nummerierten und die Nummern in Baupläne eintrugen. Es wurden zudem Fotos gemacht. All das diente später im Museum als Aufbauhilfe. Mit dieser Vorgehensweise waren aber große Substanzverluste verbunden, denn die Gefachfüllungen blieben weitgehend vor Ort und wurden nicht mitgenommen. Damit verschwand viel Originalsubstanz mit wertvollen Spuren der früheren Nutzungen. Das waren etwa
Wand- und Deckenputze mit Tapeten und die Gebrauchsspuren der früheren Bewohnerinnen und Bewohner.
Die Ganzteiltranslozierung als weiterentwickelte, moderne Form der Gebäudeumsetzung bietet die Möglichkeit, diese komplexen Baubefunde mit der Originalsubstanz fast vollständig zu erhalten. Die in möglichst wenige, aber auf den Straßen transportable Baublöcke unterteilten Gebäude werden per Tieflader in das Museum transportiert. So können oft bis zu 90 Prozent der originalen Bausubstanz gerettet werden.
 

Fachwerkhaus auf Rädern

Das Tagelöhnerhaus wurde 1826 als Altenteilerhaus in Rösebeck erbaut und stand schon lange unbewohnt, als das Museum es 1990 erwarb. Schon 1991 konnte es per Ganzteiltranslozierung ins Freilichtmuseum geholt werden und war damit das erste Großobjekt, das in mehreren großen Teilen nach Detmold versetzt wurde. Dazu mussten am Originalstandort wochenlange Vorbereitungen getroffen werden. Unter anderem wurde das Gebäude genauestens dokumentiert.

Anschließend wurden als technische Vorbereitung die Deelenaußenwand, der Giebel und der Schornstein sowie der Gebäudeteil neben der Deele in Transportgerüste eingebunden. Dafür konstruierte der Statiker je einen Kasten aus Stahl und Holz, der um die Gebäudeteile gebaut wurde. Um die Stahlträger unter das Gebäude zu bekommen, nutzten die Restauratoren bereits vorhandene Lücken in der Bausubstanz, wie zum Beispiel Fenster oder Eingänge. Nur in wenigen Fällen mussten neue Öffnungen im Bruchsteinsockel hergestellt werden. Mit montierten Tragseilen konnten die Gebäudeteile dann angehoben und auf den Tieflader gestellt werden.

Am 11. Juni 1991 startete in den Abendstunden die Transportfahrt nach Detmold im Konvoi. Im Museum konnten die Großteile erfolgreich wieder zusammengesetzt werden. Die wenigen Trennfugen wurden restauratorisch geschlossen und sind am Gebäude heute so gut wie nicht zu erkennen.

Schon gewusst? Bei der Ganzteiltranlozierung des Hauses Uhlmann wurde das bislang schwerste Einzelbauteil mit 67 Tonnen Gewicht bewegt. Der Transporter inklusive Gebäudepaket war 47 Meter lang, 6 Meter breit und 7 Meter hoch. Der Tieflader, eine sogenannte Kesselbrücke, war eigens aus Rotterdam angefordert worden.